Hausgemachte Flaute

Bilanz – Die beiden größten deutschen Nordseehäfen Hamburg und Bremerhaven verlieren beim Containerumschlag Jahr um Jahr Marktanteile an Rotterdam und Antwerpen. Schuld daran sind auch nationale Besonderheiten.

Von Stefan Klein

Es schien fast so, als könne es in diesem Jahr mit der Elbvertiefung nach mehr als einem Jahrzehnt Planungszeit wirklich losgehen. Kurz vor Weihnachten hatte das Bundesverwaltungsgericht Leipzig die letzten vier Anwohnerklagen gegen das Vorhaben abgewiesen. Die Grundstücksbesitzer, wohnhaft unter anderem an der bekannten Elbchaussee, hatten geltend machen wollen, dass die Auswirkungen der Flussvertiefung auf mögliche Überflutungen, Schiffslärm und Standsicherheit des Elbhangs bei der Planung nicht korrekt beurteilt wurden. Dem folgten die Richter nicht.

Bereits im November hatte das Gericht Klagen der an der Elbmündung liegenden Kommunen Cuxhaven und Otterndorf sowie von Berufsfischern abgewiesen. Und vor Jahresfrist verloren die drei Umweltschutzverbände BUND, NABU und WWF ihre Klagen gegen das Projekt, die Planer mussten allerdings in Sachen Natur- und Artenschutz nachbessern. Die überarbeiteten Pläne zur Vertiefung und stellenweisen Verbreiterung der Fahrrinne der Unterelbe von der Nordsee bis zum Hamburger Hafen können seit kurzem eingesehen werden, heißt es. Mit Gewissheit geht es also erst dann los, wenn wirklich die Bagger anrücken.

Die endlose Geschichte rund um die Hamburger Elbvertiefung steht exemplarisch für die Situation der deutschen Seehäfen: Wenig bewegt sich. Nach der Prognose des Zentralverbandes der deutschen Seehäfen (ZDS) – nicht alle Häfen haben bereits ihre Jahresumschlagsergebnisse veröffentlicht – legte der Seegüterumschlag im vergangenen Jahr leicht um 0,6 Prozent zu. Beim Containerumschlag, dem wegen seiner Größenordnung und der variablen An- und Abtransportmöglichkeiten an Land wettbewerbsintensivsten Güterbereich, stagnieren die beiden wichtigsten deutschen Seehäfen Hamburg und Bremerhaven seit Jahren.

Hamburg verzeichnete in den ersten neun Monaten 2017 ein Wachstum von 0,4 Prozent, hochgerechnet auf das Gesamtjahr wird man die Marke von 9 Millionen 20-Fuß-Standardcontainern (TEU) erneut knapp verfehlen. In den Jahren 2011 bis 2014 erreichten die Hamburger bessere Ergebnisse. Rekordjahr ist immer noch 2007, in dem man fast 10 Millionen TEU umschlug.

In Bremerhaven wird für das Jahr 2017 sogar ein um 1,0 Prozent auf 5,5 Millionen TEU gesunkener Containerumschlag erwartet. Auch hier verlief schon die Umschlagsentwicklung in den Jahren zuvor enttäuschend. Ähnlich wie in Hamburg kämpft man in Bremerhaven um eine bessere nautische Erreichbarkeit, und auch hier ist die geplante Vertiefung der Fahrrinne, in diesem Fall der Außenweser, ungewiss. Erfreulicher verlief für die Bremischen Häfen der Umschlag von Automobilen (Steigerung um 9 Prozent auf 2,2 Millionen) und von Projektladung (diese geht eher in Bremen-Stadt über die Kaikante).

Containerumschlag auf Allzeit-Hoch

Im Allgemeinen boomt der Containerseeverkehr inzwischen wieder, die Reedereien haben sich von der durch Überkapazitäten in ihren Flottenbeständen selbst geschaffenen Krise wieder erholt, nicht zuletzt durch eine seit zwei Jahren anhaltende Fusionswelle. Der Containerumschlag-Index des Instituts für Seeverkehrswirtschaft und Logistik (ISL) hat Ende 2017 mit 131,0 Punkten ein neues Allzeit-Hoch erreicht. In den Index fließen die aktuellen Angaben von 82 internationalen Häfen ein, auf die rund 60 Prozent des Güterumschlags entfallen.

Vom Wachstum in der Branche profitieren derzeit also andere als die deutschen Seehäfen – nämlich einmal mehr die Konkurrenz in Benelux. Rotterdam (Steigerung um satte 10 Prozent auf rund 13,6 Millionen TEU) und Antwerpen (plus 4 Prozent auf 10,5 Millionen TEU) verkündeten für das Gesamtjahr 2017 wieder neue Rekordzahlen beim Containerumschlag. Die beiden größten europäischen Häfen kommen damit zusammen auf 63 Prozent Marktanteil in der so genannten Hamburg-Antwerpen-Range, der Kette der vier wichtigsten Nordseehäfen. Der Anteil von Hamburg und Bremerhaven liegt also nur noch bei 37 Prozent – noch im Jahr 2013 hatte er 43 Prozent betragen.

Es steht zu erwarten, dass diese gegenläufige Entwicklung weiter anhält, denn in den Benelux-Häfen wurden in den letzten Jahren Containerterminals eröffnet, die nun erst richtig anlaufen. Demgegenüber hat der in den beiden Häfen traditionell starke Massengutumschlag offenbar nicht mehr höchste Priorität: So wird in Rotterdam die Schließung des Steinkohle-Importterminals diskutiert. In Antwerpen entstehen zwar gerade auch einige kleinere Tankterminals für die Petrochemie, aber vor allem deswegen, weil Containerterminals wie der Home Terminal von MSC auf noch größere, erweiterungsfähige Flächen umzogen. Die letzte Eröffnung eines Containerterminals in einem deutschen Nordseehafen, der CT 4 in Bremerhaven, liegt indes schon fast zehn Jahre zurück.

Wenn die Benelux-Häfen noch einen ausgeglicheneren Modal Split im Hinterlandverkehr erreichen, was vor allem durch bessere Bahn-Anbindungen realisierbar ist, denn die Straßen sind durch das Wachstum der vergangenen Jahre überlastet, ist zu erwarten, dass ihr Marktanteil in der ARA-Range noch größer wird.

Klartext vom Verband

„Wir nehmen zur Kenntnis, dass die Konkurrenzhäfen in den Nachbarstaaten Marktanteile gewinnen und so Ladung, Arbeitsplätze und Steuereinnahmen abwandern“, sagt Frank Dreeke, Präsident des Seehafenverbands. Die Ursachen liegen einerseits in der Neustrukturierung der Allianzen in der Containerfahrt und andererseits in standortpolitischen Problemen Deutschlands.

Der ZDS fordert ein Planungsbeschleunigungsgesetz für Verkehrsinfrastruktur, es gehe laut Dreeke darum, den notwendigen Interessensausgleich schneller hinzubekommen. Der ZDS fordert zudem, die Benachteiligung bei der Erhebung der Einfuhrumsatzsteuer zu beseitigen. „Mit Nachteilen wie dem Erhebungsverfahren für die Einfuhrumsatzsteuer haben die Vertriebsmitarbeiter unserer Mitbewerber bei Importeuren leichteres Spiel“, so Dreeke. „Führt man als Importeur Ware über einen deutschen Hafen oder Flughafen ein, muss man praktisch sofort die Vorsteuer bezahlen. Führt man dieselbe Ware über bestimmte Konkurrenzhäfen wie Rotterdam oder Antwerpen an denselben Zielort in Deutschland ein, dann fällt die Steuer erst Monate später an.“ Die Niederlande und Belgien nutzen das in der EU-Mehrwertsteuerrichtlinie ausdrücklich vorgesehene vereinfachte Verfahren, Deutschland hingegen nicht.

(aus: gela 02/18, www.gefaehrliche-ladung.de)

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