Nicht auf dem Schlauch stehen

Schlauchleitungen – An ihnen geht bei Verladungen und Befüllungen kein Weg vorbei: Schläuche und zugehörige Armaturen. Der Beitrag zeigt, was bei ihrem Einsatz grundsätzlich zu beachten ist.

Von Stefan Klein

 

Nichts ist beim Radfahren ärgerlicher als ein undicht gewordener Schlauch, der "Platten". In der Chemischen Industrie können undichte Schlauchleitungen – so heißen Schläuche in Verbindung mit den zugehörigen Armaturen an den Enden – aber weitaus schlimmere Folgen bis hin zu gesundheitlichen Schäden für Mitarbeiter haben. Daher verdient ein sorgsamer Umgang und eine regelmäßige Überprüfung der flexiblen Produktleitungen besondere Beachtung.

Die formalen Anforderungen an Schlauchleitungen sind außer in Normen in der Druckgeräterichtlinie 2014/68/EU festgelegt, sofern sie für einen Druck von mehr als 0,5 bar ausgelegt sind. Die sachgemäße Nutzung ist in der Betriebssicherheitsverordnung (BetrSichV) beschrieben. Das Berufsgenossenschaftliche Merkblatt T 002 "Schlauchleitungen – sicherer Einsatz" (DGUV-Information 213-053) fasst die Anforderungen verständlich zusammen. Eine weitere Informa-tionsquelle für den Verwender ist der jüngst aktualisierte Leitfaden "Sichere Schlauchleitung – Industrieller Einsatz von Chemie- und Dampfschlauchleitungen" der Fachgruppe Schlauch- und Armaturentechnik im Verband Technischer Handel (VTH). Aus dieser Publikation wurden Teile für diesen Artikel übernommen.

Aufbau von Schlauchleitungen

Schlauchleitungen zur Förderung von Medien kommen dann zum Einsatz, wenn Verbindungen zwischen stationären und beweglichen Behältern notwendig sind. Sie sind entweder aus Metall, Gummi und/oder Kunststoff. Schlauchleitungen bestehen innen aus einer produktresistenten Seele, darüber einem Druckträger bzw. einer Karkasse aus textilem Gewebe oder metallischen Drähten sowie bei Gummischläuchen aus einer Decke, die Schutz gegen Witterung, Abrieb und Alterung bietet. Die herstellerseitigen Anforderungen sind in der DIN EN 12115 ("Gummi- und Kunststoffschläuche und -schlauchleitungen für flüssige oder gasförmige Chemikalien") festgelegt.

Als zusätzliche Verstärkung sind vor allem in Saug-Druck-Schläuchen eine oder mehrere parallel liegende Stahlwendeln in den Druckträger eingebaut. Schläuche aus metallischen Werkstoffen bestehen als so genannte Wellschläuche in der Regel nur aus einem flexiblen Wellrohr mit metallischen Druckträgern in Form eines Geflechts. Folienwickelschläuche, wie sie etwa beim Umschlag von Mineralölprodukten aus Tankfahrzeugen zum Einsatz kommen, werden aus mehreren lose übereinander liegenden Folien hergestellt, mit einer innen und einer außen liegenden Spirale aus nicht-rostendem Stahl.

Grundsätzlich differenziert werden Schlauchleitungen noch in Leerschlauchsysteme (Leitung wird nach dem Umfüllen entleert) und Vollschlauchsysteme (Medium bleibt für längere Zeit in der Schlauchleitung). Diese Unterscheidung ist nicht zuletzt wichtig für die chemische Beständigkeit der Schlauchseele und der Armaturdichtungen.

Gemäß der bereits genannten DIN EN 12115 sind Schläuche aus Elastomeren und Thermoplasten vom Hersteller fortlaufend, verwechslungsfrei und dauerhaft zu kennzeichnen. Zu den Angaben gehören:

  • Name und Kennzeichen des Herstellers,
  • Nummer der angewendeten Europäischen Norm,
  • Werkstoff der Schlauchseele (als Polymer-Kurzzeichen),
  • Schlauchtyp (wie "D" für Druckschlauch),
  • Nenndurchmesser (in Millimetern),
  • Höchster Betriebsdruck (in bar),
  • Betriebstemperaturbereich (falls abweichend von -20 – 65 °C),
  • Symbol zur Kennzeichnung der elektrischen Leitfähigkeit,
  • Quartal sowie Jahr der Herstellung.

Zudem wird auf der Schlauchdecke eine Farbmarkierung zur Identifizierung des Werkstoffes der Schlauchseele empfohlen. Die wichtigsten Farbkennungen finden sich in der Grafik.

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Armaturen

Als Schlaucharmatur dienen verschiedene Anschlusssysteme wie Los- oder Festflansche, Verschraubungen oder verschiedenste Kupplungsarten. Man unterscheidet grundsätzlich zwischen endfest-montierten und wiederverwendbaren Armaturen. Egal, welche Armatur sich an einem Schlauchende findet, es ist immer auf eine fachgerechte Einbindung (per Verpressung, Vulkanisierung oder auch Verschweißung bei Metallschläuchen) an den Schlauch zu achten. Diese so genannte Konfektionierung darf nur von einer Schlauchfachwerkstatt vorgenommen werden. Fachgerecht eingebaute Armaturen müssen bis zu einem möglichen Bersten des Schlauches sicher und leckagefrei an den Schlauchenden sitzen, d. h. dass immer zuerst der Schlauch platzen muss, bevor die Armatur abreißt. Wie die Schläuche selbst sollten auch die verwendeten Armaturen den aktuellen Normen entsprechen, etwa der DIN EN 14420 ("Schlaucharmaturen mit Klemmfassungen").

Für die anschlussseitige Befestigung von Schlauchleitungen stehen eine ganze Reihe von Kupplungsarten zur Verfügung. In der Chemie- und Mineralöllogistik werden vorzugsweise spezielle Tankwagen-, Hebelarm-, Storz- und Trockenkupplungen verwendet. Flanschverbindungen und Verschraubungen über Gewinde werden eher rein industrieseitig genutzt.

Schlaucharmaturen sind in der Regel mit folgenden Informationen gekennzeichnet:

  • Name und Kennzeichen des Herstellers,
  • Typ und Nenndurchmesser,
  • Werkstoff,
  • Höchster Betriebsdruck.

Zusätzlich zur Kennzeichnung von Schlauch und Armatur ist eine Kennzeichnung der fertigen Schlauchleitung gefordert, diese wird vom Konfektionär vorgenommen. Sie besteht aus zwei Kennzeichnungsbändern, die gut lesbar und dauerhaft nahe der Armatur angebracht sein müssen. Band 1, das stets an der Schlauchleitung verbleibt, setzt die Anforderungen aus der Druckgeräterichtlinie (DGRL) 2014/68/EU um. Es enthält Angaben zur Identifizierung und den betrieblichen Einsatzbedingungen der Schlauchleitung. Band 2, das bei jeder wiederkehrenden Prüfung ausgetauscht wird, hat die Funktion einer Prüfplakette.

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Vor dem lnverkehrbringen von Druckgeräten muss der Hersteller jedes Druckgerät (in dem Fall Schlauchleitung) einem Konformitätsbewertungsverfahren nach DGRL unterziehen. Die Kategorie des Druckgeräts legt die anwendbaren Module nach Anhang II der Richtlinie fest. Werden die Grenzen nach Artikel 4 Abs. 1 DGRL eingehalten, gilt die Schlauchleitung gemäß "guter Ingenieurpraxis" hergestellt.

Viele Belastungen

Im täglichen Betrieb unterliegen Schlauchleitungen vielen Einflüssen: Sie sind starken Druck- und Temperaturschwankungen, Bewegungen bzw. mechanischen Belastungen (Zug, enge Biege­radien, Verdrehungen) sowie chemischen Einflüssen der Durchflussmedien ausgesetzt, die zu Verschleißerscheinungen führen und Schäden verursachen können. Äußere Einflüsse abseits des eigentlichen Betriebs wie UV-Strahlung, Ozon­einwirkung und Umgebungstemperatur kommen hinzu. All diesen Belastungen muss eine Schlauchleitung während ihrer Verwendung standhalten.

Um die mit der Schlauchleitung verbundenen, druckbedingten Gefahren zu identifizieren, hat bereits der Hersteller eine Gefahrenanalyse zu erstellen, d. h. Schlauchleitungen sind so auszulegen, dass ihre Sicherheit bei bestimmungsgemäßen und vorhersehbaren Betriebsbedingungen gewährleistet ist. Hierfür benötigt der Hersteller vom Verwender eine ganze Reihe betriebsspezifischer Angaben (Medien, Auslegungsdruck und -temperatur, Lastwechsel, besondere Belastungen etc).

Nach § 3 BetrSichV ist der Verwender einer Schlauchleitung verpflichtet, unter Berücksichtigung der Gefahrenanalyse und der Betriebsanleitung des Herstellers eine Gefährdungsbeurteilung zu erstellen. Dort ist auch die sachgemäße Montage der Schlauchleitung zu beschreiben und es sind sowohl Vorgaben in Bezug auf die Inbetriebnahme, Wartung und Prüfungen als auch Hinweise auf mögliche unsachgemäße Verwendungen zu geben.

Unabhängig von den spezifischen betrieblichen Gegebenheiten gilt, dass ein Abknicken der Schlauchleitung – besonders im Bereich der Armatur – zu verhindern ist, ggf. ist ein Knickschutz vorzusehen. Auch ist beim Ausbringen der Schläuche darauf zu achten, dass sie keine Stolperfallen darstellen oder von Staplern und anderen Fahrzeugen überfahren werden (etwa durch entsprechende Absperrungen oder durch Schlauchbrücken, -aufroller, -gelenkarme).

Elektrostatische Aufladung

Durch den Durchfluss des Produkts entsteht eine elektrostatische Aufladung an der Schlauchwandung, deren Höhe durch die Durchflussgeschwindigkeit, die Leitfähigkeit des Mediums und den Oberflächenwiderstand des Schlauchs bestimmt wird. Die Aufladung kann sich insbesondere in explosionsfähigen Atmosphären entladen. Daher sind hier nur ableitfähige Schlauchleitungen (V-Schläuche) oder solche mit metallischen Leitern (M-Schläuche) einzusetzen.

Nach der Technischen Regel für Gefahrstoffe (TRGS) 727 ("Vermeidung von Zündgefahren infolge elektrostatischer Aufladungen") ist eine Schlauchleitung

  • leitfähig, wenn sie einen Widerstand von weniger als 103?V je Meter,
  • ableitfähig, wenn sie einen Widerstand zwischen 103 und 106?V je Meter,
  • isolierend, wenn sie einen Widerstand von mehr als 106?V je Meter hat.

(Ab)Leitfähige Schlauchleitungen sind regelmäßig einer elektrischen Prüfung zu unterziehen. Stellt die Ableitung statischer Aufladungen eine Sicherheitsanforderung gemäß Gefährdungsbeurteilung dar, darf der Durchgangswiderstand 109?V nicht überschreiten. Schläuche, die dies erfüllen, sind zusätzlich (zu "V" oder "M") mit einem "T" gekennzeichnet.

Prüfungen

Für den sicheren Betrieb von Schlauchleitungen sind folgende Prüfungen unerlässlich:

  • Prüfung nach der Konfektionierung (mit Armaturen) durch eine Fachwerkstatt (Abnahmeprüfzeugnis 3.1 nach DIN EN 10204),
  • Prüfung vor Inbetriebnahme durch eine zur Prüfung befähigte Person, wenn die Sicherheit von der Montage der Schlauchleitung abhängt (§ 14 BetrSichV),
  • Wiederkehrende Prüfungen durch eine zur Prüfung befähigte Person bei schadenverursachenden Einflüssen (§ 14 Abs. 2 und §16 BetrSichV).

Art, Umfang und Fristen der wiederkehrenden Prüfung sind laut BetrSichV anhand der individuellen Einsatzbedingungen und unter Zugrundelegung der Gefährdungsbeurteilung des Arbeitgebers festzulegen. Die Festlegungen sind als Arbeitsschutzmaßnahmen schriftlich zu dokumentieren und die Ergebnisse der Prüfung mindestens bis zur nächsten wiederkehrenden Prüfung aufzubewahren.

Die Anforderungen an eine für die wiederkehrende Prüfung befähigte Person sind in § 2 Abs. 6 BetrSichV und in der Technische Regel für Betriebssicherheit (TRBS) 1203 ("Befähigte Personen") konkretisiert. Demnach muss eine befähigte Person durch ihre Berufsausbildung, Berufserfahrung und ihre zeitnahe berufliche Tätigkeit über die erforderlichen Kenntnisse zur Prüfung des Arbeitsmittels (in dem Fall Schlauchleitung) verfügen. Alternativ bzw. bei besonders schwierigen Gegebenheiten kann die wiederkehrende Prüfung auch von einer Zugelassenen Überwachungsstelle (ZÜS) vorgenommen werden.

Die Prüfung ist beim Betreiber vor Ort in einem abgesperrten Bereich durchzuführen, zuvor ist die Schlauchleitung fachgerecht zu reinigen. Es erfolgt zunächst eine visuelle Prüfung auf etwai­ge Deformationen, Beschädigungen und Materialverschleiß, dabei wird auch die Kennzeichnung überprüft. Danach folgt eine Druckprüfung, in der Regel mit Wasser und dem 1,5-fachen des angegebenen Betriebsdrucks. Handelt es sich um einen (ab-)leitfähigen Schlauch, wird auch der elektrische Widerstand zwischen den Armaturen gemessen, dafür muss die Schlauchleitung trocken sein und darf sich nicht auf einer leitenden Unterlage befinden. Das Ergebnis der Prüfung ist nach TRBS 1201 ("Prüfungen von Arbeitsmitteln und überwachungsbedürftigen Anlagen") durch eine Prüfbescheinigung zu dokumentieren. Das Band 2 der Kennzeichnung wird ausgetauscht.

 

(aus: gela 10/17, www.gefaehrliche-ladung.de)

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