Thüringens Tunnel

Debatte – Seit ihrer Eröffnung ist die A 71-Tunnelkette durch den Thüringer Wald für Gefahrgut gesperrt. Die Landesregierung will das nicht ändern und weder bei der Feuerwehr noch beim stationären Brandschutz aufrüsten.

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(skl) Dass die Tunnelkette der A 71 durch den Thüringer Wald für Gefahrguttransporte gesperrt ist, hatte ein polnischer Fahrer trotz des Verbotszeichens mit dem großen "E" darunter Ende Januar nicht realisiert. Eine Streife der Autobahn-Polizei bemerkte den mit Warntafeln bestückten Lkw im Rennsteigtunnel und leitete ihn aus dem Verkehr. Der Fahrer zahlte die fälligen 120 Euro Bußgeld vor Ort, heißt es im Polizeibericht.

Es dürfte nicht das erste Mal gewesen sein, dass über einen Thüringer Tunnel diskutiert wurde. Verkehrsgewerbe und Behörden streiten sich seit Jahren. Das Bundesland ist auch wahrlich "gesegnet" mit Tunneln. Die meisten davon – auf der A 4 (Eisenach-Bautzen), auf der A 38 (Göttingen-Halle) und zum Teil auch auf der A 71 (Schweinfurt-Erfurt) – sind für Gefahrguttransporte komplett freigegeben. Nicht aber die vier Tunnel, die im Rahmen des Verkehrsprojektes Deutsche Einheit Nr. 16 "Neubau Thüringerwaldautobahn A 71" gebaut und vor gut zehn Jahren eröffnet wurden. Aus der Tunnelkette sticht der Rennsteigtunnel heraus, er ist mit fast acht Kilometern Deutschlands längster Straßentunnel.

In den europaweiten ADAC-Sicherheitstests belegen die vier zweiröhrigen Tunnel regelmäßig vorderste Plätze. Genau mittig in der Tunnelkette an der Ausfahrt Oberhof befindet sich die Zentrale Betriebsleitstelle (ZBL), die von hier aus mit modernster Technik den Verkehr in allen Thüringer Tunneln lüftet, überwacht und steuert bzw. im Notfall sperrt und die Einsatzkräfte koordinert. Zwei Kilometer weiter südlich – dazwischen liegt der Hochwaldtunnel – an der Ausfahrt Suhl/Zella-Mehlis hat seit 2006 das Gefahrenabwehrzen­trum (GAZ) mit der Hauptwache der Stadt Suhl und der Tunnelfeuerwehr seinen Sitz.

Doch die Gefahrenabwehrkräfte reichen von der Mannstärke und der Ausrüstung her nicht aus, um nach den Anforderungen des Thüringer Brand- und Katastrophenschutzgesetzes sowie den Feuerwehr-Dienstvorschriften Gefahrgutunfälle in Tunneln zu bekämpfen. Thüringens Verkehrsminister Christian Carius will die A 71-Tunnel auch deswegen nicht freigeben, weil Zählungen des Ministeriums an der ausgewiesenen Umfahrungsstrecke nur rund 60 kennzeichnungspflichtige Gefahrguttransporte am Tag ergeben hätten.

Anders verhält es sich auf der in Ost-West-Richtung das Bundesland durchschneidenen A 4: hier gibt es ein grundsätzlich viel höheres Güterverkehrsaufkommen mit rund 3.000 Gefahrguttransporten täglich (berechnet mit der allgemeinen "Gefahrgutquote" im Straßengüterverkehr von 5 Prozent). An der A 4 bei Jena soll Mitte 2014 der Jagdbergtunnel eröffnet und – so ist es geplant – für Gefahrgüter freigegeben werden. Das Land Thüringen rüstet den drei Kilometer langen Tunnel, dessen Bau der Bund zahlt, über die Richtlinien für die Ausstattung und den Betrieb von Straßentunneln (RABT) hinaus mit durchgehenden, stationären Brandbekämpfungsanlagen (Löschschaum) aus. Warum dies nicht auch bei den A 71-Tunneln geschehen ist oder noch geschieht, begründet man im Verkehrsministerium mit dem dort sehr viel höheren finanziellen Aufwand – die Rede ist von 90 Millionen Euro – bei einem wie bereits erwähnt sehr viel geringeren Gefahrgutaufkommen.

Dass man dies auch genau andersherum sehen kann, beweist das Beispiel Heidkopftunnel an der A 38. Der 1,7 Kilometer lange Tunnel, der die thüringisch-niedersächsische Landesgrenze quert, blieb nach der Eröffnung 2006 für Gefahrgüter gesperrt. Gerade weil dann aber das Verkehrsaufkommen (und damit die potenziellen Gefahren) viel geringer als geplant ausfiel, wurde der Tunnel, für den das Land Niedersachsen zuständig ist, nach technischen Nachbesserungen und Aufrüstung umliegender Feuerwehren Anfang 2012 doch für Gefahrgüter freigegeben.

Auf der A 71 wiederum könnte das derzeit geringe Aufkommen langfristig steigen, wenn die Autobahn, die jetzt noch im Norden Thüringens als Sackgasse endet, ab 2018 an die A 38 bei Halle und damit an das mitteldeutsche Chemiedreieck angeschlossen ist. Im Ministerium will man die Lage dann – auch unter Einbeziehung der im Jagdbergtunnel mit dem Brandschutz gemachten Erfahrungen – neu bewerten. Denkbar sei eine Freigabe der A 71-Tunnel mit der Kategorie C. Bis dahin gilt es für Gefahrgutspediteure weiterhin, die schneesicheren Höhen des Thüringer Waldes auf kurvigen Gefällstrecken zu überwinden.

(aus: gela 03/13, www.gefaehrliche-ladung.de)

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