Digital ist besser

Einblick – Die Digitalisierung ist derzeit der Megatrend in der Logistik. In dem Beitrag geben Tanklogistiker darüber Auskunft, was sie konkret darunter verstehen und welche Projekte sie auf diesem Gebiet vorantreiben.

Von Stefan Klein

 

Mitten in Berlin hat Imperial Logistics vor kurzem sein Supply Chain Lab eröffnet. Das unter anderem in der Tanklogistik tätige Unternehmen ging in voller Absicht weit weg von seiner Duisburger Unternehmenszentrale, in die nicht nur nach eigener Auffassung kreativste Stadt Deutschland. Im Coworking-Komplex des Betreibers WeWork im Sony Center am Potsdamer Platz entwickeln nun Logistik- und IT-Experten im inspirierenden Austausch mit externen Experten und Studenten aus der Berliner Start-Up-Szene innerhalb kurzer Zeit Lösungen, die genau auf Kundenbedürfnisse zugeschnitten sind.

"Ein festes Team gibt es im Lab nicht, alles geschieht projektbezogen", sagt Michael Lütjann, Chief Information Officer bei Imperial. Mitarbeiter, die Ideen haben, können für ein paar Tage nach Berlin reisen, um diese dort weiterzuentwickeln. In so genannten Design Sprints werden binnen einer Woche zunächst visuelle Prototypen erstellt. Erscheinen diese Erfolg versprechend, werden daraus Minimum Viable Products programmiert, die nur mit den notwendigsten Funktionen ausgestattet sind, und an einzelnen Kunden getestet. Erweisen sich diese als praxistauglich, geht es in die Acceleration-Phase. Mit zwei Lösungen ist Imperial bereits in diesem Stadium: beide könnten über die Bedürfnisse eines Kunden hinaus für die Chemielogistikbranche relevant sein. Bei einer Lösung geht es um das Management von Begleitdokumenten, bei der anderen um die Verwaltung von Leerkapazitäten in Lagern. Details können derzeit noch nicht verraten werden.

Auch der Schweizer Tanklogistiker Bertschi treibt das Thema Digitalisierung voran. "Digitalisierung ist für uns das zentrale Element unserer Strategie 2020", sagt Firmen-Chef Hans-Jörg Bertschi. Aus diesem Grund habe man vor einem Jahr einen eigenen Softwareentwicklungs-Standort im Technopark Aargau eröffnet, in unmittelbarer Nachbarschaft der dortigen Fachhochschule, die u. a. Informatiker ausbildet. Das Start-Up fokussiert auf neue Software vor allem im Zusammenhang mit der Globalisierung und dem weltweiten Ausbau des Geschäftsmodells. Die Geschäftseinheit Bertschi Global, welche die 9.000 weltweit eingesetzten Tankcontainer betreut, sorgt schon für 15 Prozent des Gruppenumsatzes.

"Wir haben die Investitionen in die IT in den letzten zwei Jahren gruppenweit stark erhöht und beschäftigen heute in der IT-Entwicklung mehr als 50 Mitarbeiter", so Bertschi weiter. Im Vordergrund stehen die kundenseitige Erhöhung der Transparenz in der Lieferkette und die Automatisierung von internen Planungs- und Steuerungsprozessen.

Telematik ein wichtiger Baustein

Andere Tanklogistiker fahren ihre Digitalisierungsstrategie vornehmlich auf dem Gebiet der Telematik. Der Waggonvermieter VTG rüstet in den nächsten Jahren jeden seiner 60.000 Bahnwagen in Europa, ein Großteil davon Kesselwagen, mit einem Connector aus. "Wir setzen damit konsequent auf den Megatrend Digitalisierung", so VTG-Chef Heiko Fischer. Derzeit werden die ersten Geräte des Schweizer Herstellers Nexiot an den Wagen angebracht, seitlich an einem der Längsträger, auf dem der jeweilige Waggonaufbau sitzt. Die zur Datengenerierung und -übermittlung nötige Energie kommt aus Solarzellen. Eine Pufferbatterie kann sonnenlose Phasen bis zu einem Jahr überbrücken.

Im Normalbetrieb werden die Positionskoordinaten alle zehn Minuten übermittelt. Daraus lassen sich neben dem so genannten Geofencing exakte Laufwege, Ankunftszeiten und tatsächlich gefahrene Kilometer bestimmen – mit den Daten können Kunden dann die Laufleistung von Wagen erhöhen bzw. Stillstandszeiten verringern. Ein im Gerät integrierter Beschleunigungssensor registriert Schock- und Stoßereignisse. Derzeit prüft VTG, ob sich gerade bei Kesselwagen auch externe Sensoren an den Atex-zertifizierten Connector anschließen lassen, mit denen dann etwa Druck und Temperatur des Füllgutes oder Armaturbetätigungen überwachbar wären. Daneben laufen Planungen für die Ausrüstung der weltweiten Tankcontainerflotte – rund 8.000 Einheiten – mit dem jetzigen Gerätetyp oder einer modifizierten Version.

Das ebenfalls mit Hauptsitz in Hamburg ansässige Logistikunternehmen Hoyer hat sich gerade für diesen Schritt entschieden. Im April verkündete man die Ausrüstung der gesamten 37.000 Tankcontainer starken Flotte mit Geräten des niederländischen Anbieters Intermodal Telematics (IMT) – nach eigener Aussage der einzige Anbieter, der aktive, also batteriebetriebene Sensoren für Tankcontainer herstellt. Denn es soll nicht nur die Position der Transporteinheiten per GPS überwacht werden, sondern auch der Zustand des Ladegutes in den Parametern Temperatur, Druck, Füllstand und Dichte. Die gesamte Hardware ist in Stresstests erprobt worden, derzeit sind schon 5.000 Tankcontainer in der Weise ausgerüstet.

"Erfahrungen mit einfachen Ortungslösungen haben wir bereits seit 20 Jahren", erklärt Heiko Rumfeld, Leiter des Hoyer-Geschäftsbereichs Netlog. "In den vergangenen Jahren haben wir mit IMT intensiv an der Entwicklung eines smarten Tankcontainers mit umfassender Sensorik gearbeitet, der Transportdaten in automatisierter Form der Logistikkette zuführt." Eine entsprechende IT-Plattform hierfür sei in Arbeit. Profitieren sollen davon beide Seiten: der Logistiker und die Kunden.

 

Digitalisierung einer der Haupttrends auch in der Logistik

Im Vergleich zu anderen Industrien hinkt die Logistikbranche in Sachen Digitalisierung hinterher. Doch der Wandel hat begonnen, wie eine vor kurzem veröffentlichte Studie der Bundesvereinigung Logistik (BVL) zeigt. Für die Studie wurden 1.350 Experten aus den Bereichen Industrie, Logistikdienstleistungen und Handel zu aktuellen Trends im Supply Chain Management befragt.

Demnach sind die Digitalisierung der Geschäftsprozesse und eine verbesserte Transparenz in der Supply Chain die wichtigsten endogenen Trends, die aus Unternehmen heraus vorangebracht werden müssen. Ansonsten könnten künftig Marktanteile an Wettbewerber aus der Silicon Valley-Welt (Amazon, Google & Co) verlorengehen.

Indes bleiben Kostendruck, Individualisierung und Komplexität – auch im Zeitalter der Digitalisierung – die exogenen Top-Trends, die von außen an Unternehmen herangetragen werden und sie so zu strategischen Reaktionen zwingen.

Wesentlicher Treiber – und diese Entwicklung ist neu – ist dabei der Endkunde, der sich mit seinen Wünschen nicht nur im Handel, sondern auch bei Industrie und Dienstleistern wettbewerbsentscheidend bemerkbar macht. Die Antwort auf viele seiner Anforderungen ist wiederum die Digitalisierung.

Drei Viertel der Studienteilnehmer schätzen die Chancen, die sich durch eine digitale Transformation für ihr Unternehmen ergeben, als sehr hoch oder hoch ein. Mehr als die Hälfte der Unternehmen will mit eigenen Projekten jedoch abwarten, bis erprobte Lösungen vorliegen. Ein Drittel der Befragten weist auch auf hohe oder sehr hohe Risiken durch Digitalisierung hin. Ein Grund dafür mögen erforderliche Sachinvestitionen sein, Personalmangel oder der große Handlungsbedarf im Bereich der Qualifizierung, um Mitarbeiter für neue Abläufe, Denkweisen und Geschäftsmodelle fit zu machen. Im Fokus steht dabei sowohl die Förderung von IT-Kompetenzen als auch eine Kultur des Ausprobierens und Lernens.

"Der späteste Zeitpunkt, um in die Digitalisierung einzusteigen, ist jetzt", so Prof. Wolfgang Kersten von der Technischen Universität Hamburg, der das Studienprojekt geleitet hat. Dabei gilt es, innovative Technologiekon­zepte, Veränderungen der Wertschöpfungskette und veränderte Kompetenzanforderungen im Blick zu behalten. Für das Unternehmen als Ganzes bedeutet dies: Die digitale Transformation wird fester Bestandteil der Strategie. Voraussetzung dafür ist, dass die Transparenz entlang der gesamten Wertschöpfungskette gewährleistet ist – eine Voraussetzung, die in vielen Unternehmen noch geschaffen werden muss. Oftmals sind die gewünschten Daten nicht vorhanden, Schnittstellen sind nicht definiert oder – ganz entscheidend – die Datenqualität ist unzureichend oder Daten bleiben unverknüpft.

Fast vier Fünftel der Teilnehmer an der Studie halten eine transparente Supply Chain für relevant oder sehr relevant für den Unternehmenserfolg. Heute werden bereits Transport- oder Wareneingangsdaten systematisch und umfassend geteilt. Bei Bestandsdaten, Bedarfsprognosen oder Daten über Materialflussstörungen sieht es anders aus. Hier scheitert die Weitergabe nicht nur an Datenschutzüberlegungen.

Durch innovative Geschäftsmodelle wird schließlich die Wettbewerbsfähigkeit in der digitalen Welt abgesichert. Zentraler Angelpunkt künftiger Innovationen, so die Studie, sollte stets der Endkunde sein, der seinerseits vielfältige digitale Informations- und Transaktionsmöglichkeiten nutzt. "Digitalisierung ist eben nicht die Fortführung des Status quo auf einer höheren Technologiestufe, sondern sie ist ein Game Changer", so Prof. Raimund Klinkner, Vorstandsvorsitzender der BVL.

(aus: gela 05/17, www.gefaehrliche-ladung.de)

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