Kann man machen …

Kontrollen – Es wird derzeit viel diskutiert über die neue EU-Kontroll-Richtlinie 2014/47, ihre Inhalte und mögliche Auswirkungen. Doch es wird, wie üblich, nicht alles so heiß gegessen, wie es gekocht wurde.

Von Uwe Heins

 

Das Weißbuch der EU-Kommission vom 28. März 2011 mit dem Titel "Fahrplan zu einem einheitlichen europäischen Verkehrsraum — hin zu einem wettbewerbsorientierten und ressourcenschonenden Verkehrssystem" legt ihr Ziel einer "Vision Null" dar, das darin besteht, die Zahl der Straßenverkehrstoten in der Union bis 2050 auf nahe Null zu senken. Damit dieses Ziel erreicht werden kann, soll die Fahrzeugtechnik einen wichtigen Beitrag zur Verbesserung der Sicherheitsbilanz des Straßenverkehrs leisten. Die Kommission hat sieben strategische Ziele festgelegt sowie Maßnahmen für sicherere Fahrzeuge, eine Strategie zur Verringerung der Anzahl der Verletzten und Maßnahmen zur Verbesserung der Sicherheit von gefährdeten Verkehrsteilnehmern ausgearbeitet.

Die technische Überwachung ist Teil eines umfassenderen Systems, mit dem dafür gesorgt werden soll, dass Fahrzeuge während ihres Betriebs in einem sicheren und umweltfreundlichen Zustand gehalten werden. Dieses System sollte aus regelmäßigen Überwachungsprüfungen und aus technischen Unterwegskontrollen (TUK) an Fahrzeugen, die für die gewerbliche Beförderung genutzt werden, bestehen; ferner sollte es Vorschriften für die Zulassung von Fahrzeugen umfassen, damit die Straßenverkehrs-Zulassung von Fahrzeugen, von denen eine unmittelbare Gefahr für die Verkehrssicherheit ausgeht, ausgesetzt werden kann. Regelmäßige Prüfungen sollten das wichtigste Instrument sein, mit dem für Verkehrs- und Betriebssicherheit gesorgt wird. Durch technische Unterwegskontrollen von Nutzfahrzeugen sollten die regelmäßigen Überprüfungen lediglich ergänzt werden.

Technische Unterwegskontrollen sind ein entscheidendes Element, um während der gesamten Nutzungsdauer eines Nutzfahrzeugs ein beständig hohes Niveau der Verkehrs- und Betriebssicherheit zu erreichen. Solche Kontrollen tragen nicht nur zur Erhöhung der Straßenverkehrssicherheit und zur Verringerung von Fahrzeugemissionen bei, sondern auch dazu, Wettbewerbsverzerrungen im Straßenverkehrssektor zu verhindern, die dadurch entstehen, dass hingenommen wird, dass das Kontrollniveau je nach Mitgliedsstaat unterschiedlich ist.

Aus den Berichten zur Umsetzung der Richtlinie 2000/30/EG des Europäischen Parlaments und des Rates geht eindeutig hervor, dass technische Unterwegskontrollen wichtig sind. Im Zeitraum 2009-2010 wurden über 350.000 Fahrzeuge, die in der Union technischen Unterwegskontrollen unterzogen wurden, gemeldet, die aufgrund ihres Zustands aus dem Verkehr gezogen werden mussten.

Aus den Berichten geht auch hervor, dass es bei den Kontroll­ergebnissen erhebliche Unterschiede zwischen den einzelnen Mitgliedstaaten gab. Im Zeitraum 2009-2010 variierte die Feststellungsquote bei bestimmten Mängeln zwischen 2,1 % aller kontrollierten Fahrzeuge in einem Mitgliedstaat und 48,3 % in einem anderen Mitgliedstaat. In den Berichten wird außerdem auf die erheblichen Unterschiede hinsichtlich der Zahl der durchgeführten technischen Unterwegskontrollen zwischen den Mitgliedstaaten hingewiesen. Im Interesse eines ausgewogeneren Ansatzes sollten sich die Mitgliedstaaten verpflichten, eine angemessene Anzahl von Kontrollen durchzuführen, die proportional zur Anzahl der in ihrem Hoheitsgebiet zugelassenen und/oder betriebenen Nutzfahrzeuge ist.

Problem: Subsidiaritätsprinzip im Verhaltensrecht

Das Subsidiaritätsprinzip ist ein wichtiges Konzept und bewährte Praxis für föderale Staaten wie die Bundesrepublik Deutschland sowie föderale Staatengemeinschaften wie die Europäische Union. Demnach soll eine (staatliche) Aufgabe soweit wie möglich von der unteren Ebene bzw. kleineren Einheit wahrgenommen werden. Die Europäische Union darf nur tätig werden, wenn die Maßnahmen der Mitgliedstaaten nicht ausreichen und wenn die politischen Ziele besser auf der Gemeinschaftsebene erreicht werden können.

Verkehrsregeln, also die Regeln, welche vorgeben, wie ein Fahrzeug auf öffentlichen Straßen zu bewegen ist, entstammen hingegen der nationalen Straßenverkehrsordnung (StVO) und werden als Verhaltensrecht (welches die Fahrweise wie z.B. Links-/Rechtsverkehr und generelle Tempolimits regelt) bezeichnet.

Dieser Umstand erklärt, weshalb die EU-Richtlinie in vielen Fällen "Kann-" und "Sollte"-Optionen formuliert, weil die Umsetzung in nationale Zuständigkeit fällt. Hier drei Beispiele:

  • Das an der Prüfung der Ladungssicherung beteiligte Personal sollte für diesen Zweck angemessen geschult sein.
  • Während der technischen Unterwegskontrolle kann an einem Fahrzeug eine Kontrolle der Ladungssicherung gemäß Anhang III vorgenommen werden …
  • sollte die Ladung so gesichert sein, dass sie den … auftretenden Beschleunigungen standhalten kann. Aus praktischen Erwägungen sollten die bei diesen Beschleunigungsvorgängen auftretenden Massenkräfte — als auf den europäischen Normen beruhende Grenzwerte — herangezogen werden.

Allerdings eröffnen Kann-Bestimmungen gleichzeitig die Möglichkeit von verdachtsunabhängigen Kontrollen.

Anfänglich und gründlicher

Grundsätzlich unterschieden wird in zwei Arten von Kontrollen:

  • die anfängliche technische Unterwegskontrolle, die im Wesentlichen auf Sichtprüfungen beruht
  • die gründlichere technische Unterwegskontrolle, die von Gutachtern/Prüfingenieuren unter Einsatz von Prüfgerätschaften vorzunehmen ist. Qualitativ ist sie mit einer technischen Haupt­untersuchung vergleichbar.

Die Richtlinie wurde ganz bewusst nicht als "Ladungssicherungsrichtlinie" konzipiert. Darüberhinaus ist sie explizit an die Kontrollorgane gerichtet und nicht an Verlader, Beförderer oder Fahrer.

Konsequenterweise enthält die Richtlinie im Anhang II eine 48 Seiten umfassende Checkliste für Prüfer, die den Umfang der TUK beschreibt. Hinzu kommen 5 Seiten Checklisten zur Mängelbewertung bei der Kontrolle der Ladungssicherung im Anhang III, Abschnitt II.

Ebenfalls von Relevanz für Kontrollorgane und die Verwaltung ist ein Risikoeinstufungssystem in Anhang I, das als Grundlage für eine gezielte Auswahl von Fahrzeugen dienen kann, die von Unternehmen verwendet werden, welche hinsichtlich der Einhaltung der Vorschriften über die Wartung und die technische Überwachung eine "schlechte Bilanz" aufweisen.

Nicht ganz glücklich sind deutsche Kontrolleure und Sachverständige mit den in den Checklisten vorgesehenen Kategorisierungen der Mängelbewertung in "gering", "erheblich" und "gefährlich", die zudem in einigen Punkten "nach Ermessen des Prüfers" einzuteilen sind. Doch liegen solche Einschätzungen auch jetzt schon im Ermessensspielraum des Kon­trolleurs, auch abhängig von dessen aktueller Befindlichkeit.

Für jede durchgeführte anfängliche TUK werden der zuständigen Behörde die folgenden Angaben übermittelt:

a) Land der Zulassung des Fahrzeugs;

b) Fahrzeugklasse – Nutzfahrzeuge mit einer bauartbedingten Höchstgeschwindigkeit von mehr als 25 km/h der Klasse M2 oder M3 (Personenbeförderung), O3 oder O4 (Anhänger), T5 (Zugmaschinen), N2 oder N3 (Güterbeförderung), wobei es den Mitgliedsstaaten freigestellt ist, z.B. auch Fahrzeuge unter 3,5 t zGG (N1) in die Kontrollen einzubeziehen.

c)  Ergebnis der anfänglichen TUK.

Nach Abschluss einer gründlicheren Kontrolle erstellt der Prüfer einen Bericht gemäß Muster im Anhang IV der Richtlinie. Die Mitgliedstaaten stellen sicher, dass der Fahrzeugführer des Fahrzeugs eine Kopie des Kon­trollberichts erhält.

Der Prüfer teilt der zuständigen Behörde die Ergebnisse der gründlicheren TUK innerhalb einer angemessenen Frist nach Durchführung dieser Kontrolle mit. Die zuständige Behörde bewahrt diese Informationen im Einklang mit den geltenden Datenschutzvorschriften für einen Zeitraum von mindestens 36 Monaten ab Eingang auf.

Vorgabe der Richtlinie ist, dass mindestens 5 % der Gesamtzahl der in Bezug genommenen Fahrzeuge, die in den Mitgliedsstaaten zugelassen sind, in jedem Kalenderjahr einer anfänglichen TUK unterzogen werden.

Von der EU vorgesehen war die Umsetzung durch die Mitgliedsstaaten bis zum 20. Mai 2017 sowie ein EU-weites Inkrafttreten zum 20. Mai 2018. In Deutschland soll die Umsetzung der Richtlinie 2014/47 durch Änderungen in der TechKontrollV erfolgen. Dabei sollen Struktur und Regelungsinhalt der bisherigen TechKontrollV so weit wie möglich beibehalten werden. Deshalb soll § 5 – Kontrollen auf der Straße – in Absatz 4 folgende Formulierung erhalten:

(4) Zusätzlich zu den im Absatz 3 genannten Prüfarten kann die anfängliche technische Unterwegskon­trolle Folgendes beinhalten:

1. Sichtprüfung der Sicherung der Ladung des Fahrzeuges gemäß § 22 Absatz 1 StVO und Anhang III Abschnitt II der Richtlinie 2014/47/EU, …

Es soll in der TechKontrollV keinen Verweis auf den Anhang III Abschnitt I der Richtlinie 2014/47 geben.

Die Einstufung der Mängel erfolgt nach dem Anhang III Abschnitt II der Richtlinie 2014/47.

Es ist zum Redaktionsschluss Mitte Mai absehbar, dass der vorgegebene Termin zur Veröffentlichung der Neufassung in Deutschland nicht eingehalten wird, doch steht dem 20. Mai nächsten Jahres als Datum der Anwendung der Vorschriften nichts entgegen.

 

 

(aus: gela 06/17, www.gefaehrliche-ladung.de)

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